Der Entkrüppler: Die Behinderten-Bilder des Hans Würtz

Shownotes

Die Geschichte einer einmaligen Sammlung - und einer höchst streitbaren Person.

Hans Würtz war Pädagoge, lange Jahre arbeitete er im ehemaligen Oskar-Helene-Heim in Berlin mit körperbehinderten Menschen. Seine Mission: Sie arbeitsfähig machen, sie "entkrüppeln". Seine Grundannahmen: Teils äußerst obskur - und im eugenischen Fahrwasser der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus. Würtz schloss vom Aussehen auf den Charakter - er hatte die Idee von einer "Krüppelseele". Er unterteilte körperbehinderte Menschen in Aussehens-Kategorien. Gleichzeitig schuf er Empowerment-Räume und stand für reformpädagogische Ideen.

Oliver Musenberg, Professor für Pädagogik bei geistiger Behinderung an der HU Berlin, beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Hans Würtz. Er erzählt über einen Mann, der früh als Querulant galt - und als Sozialdemokrat unter den Nationalsozialisten verhaftet wurde und aus Deutschland fliehen musste. Mitgenommen hatte er große Teile seiner einmaligen Sammlung: Über 5000 Bilder, hunderte Plastiken und Bücher, die behinderte Menschen zeigen - gesammelt zwischen 1911 und 1933.

Die außergewöhnlich umfangreiche Sammlung wird heute noch aufgearbeitet. Teile von ihr werden vom 17.-30. März 2025 im Berliner Humboldt Forum gezeigt, in der Ausstellung "Bilder von Behinderung. Die Sammlung Hans Würtz zwischen den Weltkriegen". Oliver Musenberg hat die Ausstellung mit vorbereitet.

Diesen Podcast könnt ihr in der Ausstellung hören oder ganz unabhängig davon. Von der Goebbels-Karikatur über kritische Würtz-Einordnung bis zu aktuellen Auslegungen des "crip"/"Krüppel"-Begriffs und Inklusions-Feindlichkeit: Dieser Podcast ist eine Zeitreise vom würtzsch'en Geburtsjahr 1875 bis ins Heute.

Moderation, Redaktion, Schnitt & Idee: Timo Grampes, Journalist mit den Schwerpunkten Pädagogik, Inklusion und Behinderung.

Aufnahme und technische Nachbearbeitung: Moritz Metz.

Bild: Der einbeinige Mann auf Krücken, Ernest Whatley, 1929. Auftragsarbeit von Henry Hildesley Ltd London. Sammlung Hans Würtz, Jedlička-Institut, Prag (CZE).

Ein Podcast des Projekts "Images and Imagination of Impairment and Disability in the Hans-Würtz-Collection" im Rahmen der Würtz-Ausstellung im Berliner Humboldt Forum im März 2025.

Die Ausstellung "Bilder von Behinderung. Die Sammlung Hans Würtz zwischen den Weltkriegen" im Berliner Humboldt Forum wurde vorbereitet von Kolleg:innen des Projekts "Images and Imagination of Impairment and Disability in the Hans-Würtz-Collection". Das sind Oliver Musenberg, Simon Mckeown, Sebastian Pampuch und Karolina Hyzy. Außerdem beteiligt waren weitere Mitarbeiter:innen aus Prag - aus dem Jedlička-Institut und der Medizinischen Nationalbibliothek - sowie Studierende der Humboldt-Universität zu Berlin.

Hintergrund-Infos:

Link zur Würtz-Ausstellung im Humboldt Forum: https://www.humboldtforum.org/de/programm/laufzeitangebot/installation/bilder-von-behinderung-143138/

Link zum Forschungsprojekt "Images and Imagination of Impairment and Disability in the Hans-Würtz-Collection": https://www.imagesofdisability.org

Link zum Text "Queering the crip or cripping the queer?" von Carrie Sandahl: https://www.ces.uc.pt/projectos/intimidade/media/Queering%20the%20crip_sandahl.pdf

Weitere Würtz-(kritische) Einordnungen und Hintergründe von Oliver Musenberg und Udo Sierck findet ihr in den Bänden 1 und 2 von "Kultur-Geschichte-Behinderung", erschienen 2014 und 2017 im Athena-Verlag.

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